Kurioses
Schilderung von Ereignissen nach
Zeitungsartikeln
bzw. sonstige Begebenheiten.
(Glück gehabt ...)
Bericht in der Chronik des Amtes Bad Harzburg
zur Inspektion
des Pferdebetriebes Vienenburg - Harzburg durch hochrangige Beamte und
einflussreiche Persönlichkeiten:
"Während die Hinfahrt nach Harzburg
glücklich vonstatten
ging, waren die Schienen bei der Talfahrt vielleicht zu glatt oder die
Bremsen mangelhaft bedient. Der ohne Dampfkraft und Locomotive durch
seine
eigene Schwere hinunterfahrende Zug konnte in Vienenburg nicht
rechtzeitig
zum Stillstand gebracht werden. Zum Entsetzen der Beamten fuhr der Zug
mit der größten Geschwindigkeit über den Bahnhof
Vienenburg
hinaus und kam erst auf freier Strecke dahinter zum Stehen, als das
Gefälle
ein geringeres wurde. Die Passagiere waren genöhtigt, auszusteigen
und nach Vienenburg zurückzugehen. Eine Vienenburger Lokomotive
holte
dann die Wagen zurück. Die Lokomotive hatte der Instruction
gemäß
auf einem zweiten Gleis zu halten, bis der Zug aus Harzburg eingelaufen
war, um sich dann vor den Zug zu setzen; - eine Vorschrift, die sich
bei
diesem Unfall als sehr zweckmäßig erwies, da sonst der Zug
auf
die Locomotive aufgefahren wäre."
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Artikel
aus der Goslarschen Zeitung
vom 24.04.1991
Geistesgegenwart des Fahrdienstleiters verhinderte
Schlimmeres
Unglaubliche Geschichte auf dem
Gleis
BAD HARZBURG. Hörte einer die Geschichte eines
Zuges, der ohne
Lok vorneweg von Bad Harzburg bis Bahnhof Oker rollte, er würde
sich
ungläubig an den Kopf fassen und kein Wort glauben. Ähnlich
mag
es auch Bodo Mitschke, Leiter Bahnhof Goslar, gegangen sein, als ihm
eben
diese Geschichte erzählt wurde. Doch für den Fahrdienstleiter
auf dem Bad Harzburger Stellwerk wurde dieser eisenbahnerische Alptraum
am Montagmittag wahr.
Glimpflich vonstatten ging die führerlose Fahrt
dank der Geistesgegenwart
des Harzburger Fahrdienstleiters. Wie jeden Tag rollte am Montag
pünktlich
um 12.01 Uhr der Zug mit der Bezeichnung ,,3125" auf Gleis 4 ein.
Und wie jeden Tag sollte der sechs Wagen lange Zug auf Gleis 4
umgesetzt
werden. Routinemäßig war der letzte Waggon -der
Gepäckwagen-
zuerst dran. Doch völlig außerfahrplanmäßig
setzten
sich die restlichen fünf Waggons um 12.17 Uhr selbständig in
Bewegung - brav der Schiene Richtung Oker folgend.
Der Fahrdienstleiter auf dem Stellwerk bemerkte die
,,Außerfahrplanmäßigkeit"
sofort. Erst wollte er hinter dem Zug her, besann sich jedoch schnell,
ließ sämtliche Schranken der Strecke entlang hinunter und
informierte
die Kollegen in Oker.
Daraufhin wurde die Strecke
Oker-Bad Harzburg sofort
gesperrt. Kein Zug hätte mit den fünf Waggons kollidieren
können.
In Oker warteten bereits Hemmschuhe auf dem Gleis und stoppten die
Alleinfahrt
der fünf Waggons. Gipfel der unglaublichen Geschichte: Die Wagen
hatten
sogar einen Passagier. Ein Mitglied des Reinigungspersonals
stieg wohlbehalten aus.
,,Vermutlich
menschliches Versagen", vermutet
Bodo Mitschke
die Ursache für die ungeplante Fahrt. Beim Umsetzen der Wagen
müssen
die Waggons festgebremst werden. In diesem Falle ist das scheinbar
nicht
ordnungsgemäß passiert. Dem sonstigen Fahrplan wurde durch
die
Extratour des ,,3125" kein Abbruch getan: Es entstand nur
geringfügige
Verspätung.
sel
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Goslarsche
Zeitung, Sonnabend, 26. August 2000, Seite 1
Auf der Strecke von Vienenburg nach Bad Harzburg
Lok auf Geisterfahrt rast Regionalbahn entgegen
BAD HARZBURG (r) Es ging um Sekunden: Bahnmitarbeiter
haben auf der
Strecke Vienenburg - Bad Harzburg geistesgegenwärtig den
Zusammenstoß
eines Personenzuges mit einer Diesellok verhindert. Die 80 Tonnen
schwere
Lokomotive hatte sich im Bahnhof Bad Harzburg aus noch ungeklärter
Ursache in Bewegung gesetzt und war auf der abschüssigen Strecke
führerlos
Richtung Braunschweig einer Regionalbahn entgegengerollt. Um einen
Zusammenprall
zu verhindern, manövrierten Bahnmitarbeiter den fahrenden Zug samt
Insassen zurück auf ein Nebengleis im Bahnhof Vienenburg. Eine
Weiche
wurde umgestellt und die immer schneller werdende ,,Geisterlok" auf ein
Nebengleis Richtung Schladen gelenkt. Auf dem dann ansteigenden
Gleisstück
kam die Lok nach rund 20Kilometern ungebremster Fahrt zum Stehen. Die
Diesellokomotive
wurde anschließend zur Untersuchung durch Experten des
Eisenbahnbundesamtes
nach Braunschweig geschleppt. Siehe Lokalteil
Goslarsche
Zeitung, Sonnabend, 26. August 2000, Lokalteil:
Führerlose Lok raste Regionalbahn entgegnen -
Geistesgegenwärtige
Bahnmitarbeiter
"Geister-Lok": Fahrgäste "hatten Todesangst"
BAD HARZBURG. Dramatische Szenen spielten sich
Donnerstag kurz nach
19 Uhr auf der Bahnstrecke zwischen Bad Harzburg und Vienenburg ab.
Eine
rund 80 Tonnen schwere Diesellok hatte sich im Bahnhof der Kurstadt
selbständig
gemacht und rollte führerlos und mit hoher Geschwindigkeit einer
mit
rund 20Fahrgästen besetzten Regionalbahn entgegen. Der
Geistesgegenwart
mehrerer Bahnmitarbeiter verdanken die Passagiere offenkundig ihr Leben.
,,Wir hatten Todesangst". Der Bad Harzburger Joachim
Marquardt saß
in der Regionalbahn mit der Zugnummer 25084, die planmäßig
um
18.26 Uhr den Braunschweiger Hauptbahnhof verlassen hatte und nach
einem
Zwischenstopp um 19 Uhr in Vienenburg weiter in Richtung Bad Harzburg
fuhr.
Es ging um Sekunden.
Nach rund zwei Kilometern, so mehrere Fahrgäste, habe der
Zugführer
den Zug auf freier Strecke plötzlich gestoppt. Zu diesem
Zeitpunkt,
so bestätigt auch die Deutsche Bahn AG, habe der Fahrdienstleiter
aus Bad Harzburg den Führer der Regionalbahn von der drohenden
Gefahr
informiert. Der Zugbegleiter lief daraufhin durch die beiden Wagen der
Regionalbahn und forderte die Passagiere auf, ganz nach hinten
durchzugehen.
Dank der "relativen Ruhe", die dieser dabei ausgestrahlt habe, so die
Fahrgäste,
sei keine Panik aufgekommen. Derweil blieb der Zugführer auf
seinem
Platz und fuhr mit höchstmöglicher Geschwindigkeit
rückwärts
wieder nach Vienenburg. Unterdessen wurde die ,,Geister-Lok" auf der
Gefällstrecke
offenbar stetig schneller. Während der Bundesgrenzschutz
zunächst
von "geringer Geschwindigkeit" sprach, raste die Lok nach Angaben der
Fahrgäste später mit "etwa 80 bis 100 Sachen" über die
Gleise.
In Vienenburg ging es dann um Sekunden. Auf dem Stellwerk reagierte
eine
Bahnmitarbeiterin blitzschnell und umsichtig, stellte sofort nach der
Durchfahrt
der Regionalbahn die Weiche um und lenkte die Diesellok auf ein
Gegengleis
in Richtung Schladen. Auf der dort ansteigenden Strecke kam die Lok
dann
endlich nach rund 20 Kilometern ,,Geisterfahrt" zum Stehen. Ein
Hilfszug
schleppte die Diesellok anschließend nach Braunschweig. ,,Nicht
viel
mehr als zehn Sekunden, dann hätte es gekracht", schildert ein
weiterer
Fahrgast der Regionalbahn, Klaus Degenhardt, die entscheidenden Momente
in Vienenburg. "Wir standen kaum, da rauschte die Lok an uns vorbei".
,,Unglaublich mulmiges Gefühl"
Rund eine halbe Stunde dauerte der unfreiwillige Stopp in Vienenburg,
dann fuhr die Regionalbahn weiter
nach Bad Harzburg. Mit ihren Passagieren, auch wenn viele ,,ein
unglaublich
mulmiges Gefühl" auf den letzten Kilometern bis in die Kurstadt
nicht
loslassen wollte. ,,Richtig verdaut", so Klaus Degenhardt am Tag
danach,
habe er den Schreck immer noch nicht.
Bundesgrenzschutz ermittelt
Über die Ursachen der ,,Geisterfahrt", die nur mit Glück
nicht zur Katastrophe führte, liegen derzeit noch keine genaueren
Erkenntnisse vor. Der Bundesgrenzschutz Hannover hat die Ermittlungen
wegen
,,des Verdachts eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr"
aufgenommen.
Die Deutsche Bahn AG in Hannover erklärte auf Anfrage der GZ, die
Diesellok mit der Zugnummer 218 908-2 habe aufgrund eines
Getriebeschadens
im Bad Harzburger Bahnhof von Gleis 4 auf Gleis 1 umgesetzt werden
sollen.
Dort hätte die Bündheimer Feuerwehr Öl auffangen sollen.
Dann jedoch setzte sich die Lok, deren Motor aus war, in Bewegung und
war
auch durch stählerne ,,Hemmschuhe" nicht mehr zu stoppen. Nach den
bisherigen Erkenntnissen des BGS und des Eisenbahnbundesamtes, so
Bahnsprecher
Hans-Jürgen Frohns, seien die beiden Handkurbelbremsen der Lok
nicht
korrekt angezogen gewesen. Ob dies allein ausgereicht hat, um das
stählerne
Monstrum in Fahrt zu setzen, müsse - ebenso wie die Frage der
Verantwortlichkeit - noch geklärt werden. bc
Kommentar
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Flüchtige
Fahrzeuge:
aus "Die Schule des Lokomotivführers. Dritte
Abtheilung:
Der Fahrdienst" J.Brosius, R.Koch, Verlag von J.F. Bergmann,
Wiesbaden
1899.
"Wenn Fahrzeuge sich ohne Bedienung auf den Weg
machen, z.B. Wagen
im Gefälle oder eine führerlose Maschine bei geöffnetem
Regulator, so können dieselben das schrecklichste Unheil
anrichten,
insbesondere auf der Strecke an Zügen, deren Führer keine
Ahnung
von der Gefahr haben, und auch auf Wegeübergängen. Das
flüchtige
Fahrzeug wird von einer Drahtmittheilung überholt, welche die
nächste
Station in Kenntniß setzt; das einfachste ist nun, das Fahrzeug
in
ein abseits liegendes oder todtes Gleise laufen zu lassen, wenn ein
solches
vorhanden und eine Weiche dahin führt, und hier durch einen Haufen
Schwellen oder dergl. aufzufangen. Die Zerstörung des Fahrzeuges
ist
dabei fast unvermeidlich, wenn es nicht vorher gelungen ist, seine
Geschwindigkeit
zu mäßigen. Auf Stationen, wo Maschinen mit Reiserwellen
angeheizt werden, würde man mit diesen das Fahrzeug ganz bestimmt
zum Halten bringen, vielleicht auch ohne großen Schaden auffangen
können.
S a n d g l e i s. Eine zweckmäßige Anlage
zum Auffangen
von Fahrzeugen ist ein sogenanntes S a n d g l e i s. Ein solches
besteht
aus einem gewöhnlichen Gleise, welches vorn bis zur Höhe des
Schienenkopfes und weiter nach und nach bis zu mehreren Zentimetern
Höhe
über den Schienenkopf mit Sand (Kies) ausgefüllt wird. Der
Widerstand,
welchen der Sand der Fortbewegung entgegensetzt, bringt das auf ein
solches
Sandgleis geleitete Fahrzeug in unschädlicher Weise zum
Stillstande.
Eine Lokomotive kann in derselben Weise
unschädlich gemacht
werden; deren Geschwindigkeit ist auch zu mäßigen durch Oel,
welches auf die Schienen gegossen wird, indem die Maschine dann zu
schleudern
anfängt. Auf der Steigung und auf dem Flachlande würde man
einen
Zug durch Befetten der Schienenköpfe oberhalb und an der inneren
Seite,
wenn die Schienen vor dem Zuge auf einer hinreichend langen Strecke so
behandelt werden, zum Halten bringen können (z.B. in
Kriegszeiten).
Wenn ein Fahrzeug von einem Bahnhofe fortläuft
und es steht
eine Maschine bereit, so kann versucht werden, dem Fahrzeuge
nachzueilen
und, wenn es erreicht ist, die Kuppelung der Lokomotive
einzuhängen,
indem der Heizer sich vorn auf die Bufferbohle stellt oder setzt und
die
Kuppelung, wenn die Maschinenbuffer die des Fahrzeuges berühren,
einfallen
lässt, worauf allmählich die Lokomotive gebremst und so
das Fahrzeug zum Halten gebracht wird.
Dieser Fall wird immer seltener vorkommen können
als der, ein
Fahrzeug oder auch einen Zug mit einer Maschine aufzufangen. Dieses ist
nur ausführbar, wenn die zum Auffangen bestimmte Lokomotive gut in
Ordnung ist und hinreichenden Dampf hat, auch darf sie nicht zu leicht
sein. Die Nachricht, dass Fahrzeuge entlaufen sind, wobei die
Stückzahl
anzugeben ist, kommt durch eine Drahtmittheilung und ist es nun
zunächst
nöthig, zu wissen, wie lange das Fahrzeug schon unterwegs ist, um
zu beurtheilen, ob man demselben noch entgegen fahren kann oder ob es
besser
ist, sich schon in derselben Richtung auf den Weg zu begeben. Das
Auffangen
eines Fahrzeuges ist bei nicht übersehbaren Stecken keine
angenehme
Aufgabe, der Zug kann die Maschine überraschen und diese nun nicht
mehr im Stande sein, schnell genug auszureißen. Wenn die
Strecke
übersehbar und vor der Lokomotive weit genug frei ist, so
lässt
der Führer, sobald er die flüchtigen Fahrzeuge zu Gesicht
bekommt,
seine Maschine dieselbe Richtung annehmen und bringt sie in dieselbe
Geschwindigkeit
mit den Fahrzeugen. Wenn er nun die der Lokomotive ganz allmählich
verringert, so kommen die Fahrzeuge immer etwas näher und
berühren
sich schließlich die Buffer ohne Stoß, worauf man die
Maschine
allmählich stoppt, dann bremst und sie schieben läßt.
Ist
das aufzufangene Fahrzeug eine Lokomotive mit offenem Regulator, so
wird
der Führer Gegendampf geben müssen, vielleicht ist es auch
möglich,
auf die flüchtige Maschine zu steigen und den Regulator zu
schließen.
Reicht das Wasser bei dieser angehaltenen Lokomotive
nicht mehr bis
zum untersten Probirhahn, so muss das Feuer entfernt oder mit Kies,
Erde
und dergl. ganz gedämpft werden.
Wenn Führer und Heizer sich die
möglichen Unglücke
vergegenwärtigen, welche eine sich allein auf den Weg machende
Lokomotive
anrichten kann, so mögen sie es als eine ernste Mahnung
betrachten,
eine angeheizte Maschine nie ohne Aufsicht und keine
Vorsichtsmaßregeln
beim Aufstellen derselben außer Acht zu lassen."
Reiserwellen:
"Reiser ist eine andere Bezeichnung
für Reisig
(dünne Äste von Bäumen) und
eine Welle ist ein Bündel. Früher
ist man mit einem
Handwagen oder einer
Kraxe (Rückentragegestell) in den Wald gezogen,
um Holz zu
sammeln und
Reiserwellen zu binden. [...] "Wellercher" [...]
Die Wellen wurden mit sich selbst gebunden wie
Strohbündel.
Man faltet
eine Handvoll Reisig oder Stroh bis sie etwa
Unterarmdick ist und
wickelt
einen Teil des dürren Strangs außen herum
und steckt
dann das Ende unter
das Herumgwickelte. So bleibt die Welle zusammen."
(Abschnitt aus einer E-Mail eines
aufmerksamen Lesers!)
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Anmerkungen
zum Bahnhofsfenster Bad Harzburg: siehe
Bahnhofsgebäude
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